Bei einer Erkrankung von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres sind alle Arbeitgeber mit mehr als zehn Mitarbeitern zur Durchführung von einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) verpflichtet. Das BEM soll sicherstellen, dass eine etwaige krankheitsbedingte Kündigung das letztmögliche Mittel ist. Die Aufrechterhaltung der Arbeitskraft bzw. ihre Wiederherstellung zur Sicherung des Arbeitsplatzes hat Vorrang. Dies kann durch Umorganisation und/oder der schrittweisen Eingliederung erfolgen. Erst, wenn das keine Aussicht auf Erfolg hat, scheitert oder der Mitarbeiter seine Zustimmung zum BEM nicht gibt, hat eine krankheitsbedingte Kündigung vor dem Arbeitsgericht bestand.
Keine klaren Vorgaben
Soweit das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, gibt § 84 Abs. 2 SGB IX vor, dass ein BEM durchzuführen ist. Der § 74 SGB V bzw. § 28 SGB IX ist die Rechtsgrundlage für die stufenweise Wiedereingliederung. Der Arzt soll dazu Art und Umfang der möglichen Tätigkeiten angeben. Der Gesetzgeber zielt damit darauf ab, dass individuell zugeschnittene Maßnahmen entwickelt werden. Doch leider ist dies im Gesetzestext nicht näher konkretisiert. Damit bleiben die Spielräume für die Arbeitgeber groß. Und so bietet das BEM eine gute Gelegenheit, sich von unliebsamen Mitarbeitern zu trennen.
Die meisten Arbeitgeber kommen ihrer Verpflichtung häufig unverzüglich nach. Unmittelbar nach der sechsten Krankenwoche ergeht ein scheinbar harmloses Schreiben an den Mitarbeiter. Das Schreiben informiert, dass ein Anspruch auf das BEM bestehe und worum es in dem Verfahren geht. Dann wird noch zu einem „unverbindlichen Informationsgespräch“ eingeladen und um Rückmeldung binnen sieben Tagen gebeten. Unterbleibt die Zustimmung bzw. wird sie verweigert, so hat der Arbeitgeber seine Pflicht erfüllt und der Arbeitnehmer hat damit die Tür zur krankheitsbedingten Kündigung geöffnet.
Betroffene sind überfordert
Vielfach erreicht das Dokument den Mitarbeiter zum Ende der Lohnfortzahlung. Mitten in einer Situation, die von Krankheit, Verunsicherung und Sorgen dominiert wird. Da wird die Einladung und ihre Tragweite schnell unterschätzt und leichtfertig abgelehnt oder sie geht einfach unter. Insbesondere dann, wenn das Ende der Erkrankung und die Wiederaufnahme der Tätigkeit noch gar nicht in Sicht sind. Doch damit hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung zum Angebot des BEM erfüllt und könnte im nächsten Schritt die krankheitsbedingte Kündigung aussprechen.
Wenn Ihnen also so eine unverbindliche Einladung ins Haus flattert, sind Sie immer gut beraten, wenn Sie sich kooperationsbereit zeigen. Halten Sie sich alle Türen so lange es geht, offen.