Wer so schwer erkrankt ist, dass er für mindestens 6 Monate seine letzte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, gilt in der Regel als berufsunfähig. Wohl dem, der eine Versicherung bei Berufsunfähigkeit abgeschlossen hat und sich dank der Berufsunfähigkeitsrente voll auf seine Genesung und berufliche Neuorientierung konzentrieren kann. Ganz so einfach ist es jedoch oft nicht wie ein Fall letzten Jahres belegt.
Ein Lagerist klagte über starke Schulter- und Rückenschmerzen. Der behandelnde Orthopäde attestierte dem Mann, dass er nicht mehr in der Lage sei, seinen Beruf weiterhin auszuüben. Der Arbeitgeber hatte ihn daraufhin entlassen. Der ehemalige Lagerist begann unverzüglich eine Umschulung zum CNC-Anwender und war im Anschluss als solcher tätig. Soweit so gut … doch bisher spielte die Versicherung noch keine Rolle – und das tut sie auch weiterhin nicht.
Der Betroffene hatte damals zwar die Leistung der Berufsunfähigkeitsrente bei seiner Versicherung beantragt, diese hatte die Zahlung aber verweigert. Als Grund wurde angeführt, dass die Schmerzen nicht objektiv bewiesen wurden.
In der ersten Instanz vor dem Landgericht Karlsruhe wurde die Zahlungsklage abgewiesen, da der „Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht gelungen“ sei. Der orthopädische Sachverständige des Betroffenen habe die Schmerzen nicht objektivieren bzw. auf orthopädische Erkrankungen zurückführen können.
In dem Berufungsverfahren vor dem OLG Karlsruhe urteilten die Richter erneut gegen den Betroffenen. Neue Beweise konnten nicht vorgelegt werden und der Versuch über angebliche Verfahrensfehler noch Boden gut zu machen, misslang.
Das Gericht würdigt die besondere Problematik des Nachweises subjektiver Schmerzen und zeigte entsprechende Möglichkeiten auf. Doch diese Möglichkeiten wurden rückblickend nicht genutzt. Nun ist es zu spät. Der Schaden hält sich noch in Grenzen, es ging um die Leistung von etwas über 7.000 Euro. Und der Mann ist inzwischen wieder berufstätig. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Entwicklung wäre, wenn es sich, wie so oft, um fünf- und sechsstellige Summen gehandelt hätte und die dauerhafte Berufsunfähigkeit im Raum stünde.
Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, frühzeitig Experten für die Beantragung von Berufsunfähigkeitsrenten mit an Bord zu nehmen. In einem interdisziplinären Team können die Stolpersteine frühzeitig erkannt und systematisch beseitigt werden. Die Chancen auf die Durchsetzung der Ansprüche steigen dadurch enorm.
Für den ehemaligen Lageristen ist der Fall leider erledigt. Das Gericht sah keine Gründe für die Zulassung der Revision.