Man kann es nicht sehen, man kann es nicht anfassen und doch führt es unter anderem zu den meisten Fehltagen bei Arbeitnehmern. Die Rede ist von psychischen Erkrankungen. Gestern veröffentlichte der Dachverband der Betriebskrankenkassen den „Gesundheitsreport 2016“. Wieder einmal sind die Fehltage wegen Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems einsamer Spitzenreiter mit knapp 25 %. Auf dem traurigen zweiten Platz mit knapp 17 % rangieren, aufgrund der Erkältungswelle, Erkrankungen des Atmungssystems. Und dann kommen schon mit rund 15 % auf Platz drei die psychischen Störungen.
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Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass vor allem in den neuen Bundesländern die AU-Tage deutlich über dem Durchschnitt liegen. Bei den AU-Tagen wegen Muskel- und Skeletterkrankungen sticht ebenfalls ein Schwerpunkt in den neuen Bundesländern ins Auge. Bei den psychischen Störungen besteht ein Nord-Süd-Gefälle.
Ein besonderes Augenmerk ist den Krankengeldtagen zu widmen. In der Studie liegen die psychischen Störungen mit 27 % nur knapp hinter den Erkrankungen des Stützapparates und damit sogar auf dem zweiten Platz. Bei Angestellten, die länger als sechs Wochen Arbeitsunfähig sind, endet die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Die Betroffenen bekommen Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Es beträgt jedoch nur noch 70 % des Bruttoentgeltes aber maximal 90 % des Nettoentgeltes. Somit kommen zu den gesundheitlichen Beschwerden häufig erste finanzielle Sorgen hinzu.
Eine Erkrankung ist in jedem Fall für die Betroffenen, seine Angehörigen und auch für Arbeitgeber eine Belastung. Psychischen Erkrankungen treffen die Menschen meist schleichend doch dann besonders hart. Noch ehe sich derjenige selbst bewusst wird, dass eine Erkrankung vorliegen könnte, registriert das Umfeld längst die Auswirkungen. Antriebslosigkeit, Gereiztheit und der Rückzug aus dem sozialen Leben sind häufig erste Anzeichen, die Familie und der Freundeskreis registrieren können. Bei der Arbeit sollten den Vorgesetzten bei Leistungsabfall, Konzentrationsschwäche und Unzuverlässigkeit die Alarmglocken läuten.
Ich fühle was, was du nicht siehst
Das Thema der psychischen Störungen ist weit. Die Betroffenen leiden oft zusätzlich unter einem Rechtfertigungsdruck aus ihrem Umfeld. Und die Familie, Freunde und Vorgesetzten wissen nicht, wie sie das Thema ansprechen sollen.
Wo gegenseitiges Unverständnis aufeinandertrifft, hilft häufig einfaches hinhören weiter. Wenn Sie jemanden kennen, der irgendwie nicht mehr der zu sein scheint, der er mal war, suchen Sie etwas Nähe und signalisieren Sie Gesprächsbereitschaft. Im Fall der Fälle bieten die 10 Regeln für Angehörige vom Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e. V. sicherlich eine erste Orientierung.