Von freier Kunst in orangefarbenem Raum.
Es ist schon eine Weile her, als das Team der Socialsolvent sich auf den Weg machte, um die Hannoveraner Kestnergesellschaft zu besuchen. Der letzte Besuch ist uns jedoch so schön in Erinnerung geblieben, dass wir beschlossen, am heutigen Mittwoch erneut das Angebot einer Lunch Break Führung wahrzunehmen und uns zur Abwechslung in unserer Mittagspause mit einem Häppchen Kunst zu versorgen.
Die Ausstellung unter dem Titel ‚Das Blut, im Fruchtfleisch gerinnend beim Birnenbiss‘ führt uns in die abstrakte Welt rund um den jungen Schweizer Künstler Tobias Madison. Mit eher kargen Ausstellungsräumen, die in ein mystisches Lichtspiel aus Farbkontrasten getaucht wurden, erzählt Madison die Dichotomien des Alltäglichen. Die physische Dimension des Objekts tritt in den Hintergrund und löst sich im Raumkonzept auf.
Dabei oszilliert sein Werk stets zwischen Realität und Fiktion. Am deutlichsten offenbart sich dieser Kontrast in dem Hauptteil der Ausstellung: Ein Film, der sich einem festgelegten Countdown folgendend täglich wiederholt. Mit Laiendarstellern inszeniert Madison ein Videostück, das auf der kindlichen Interpretation des bereits vorhandenen Films, des japanischen Regisseurs Shuji Terayama basiert. Das Spiel der Kinder wird zum Marker von Fiktion und Wirklichkeit und verleiht dem Werk eine eigene Individualität. Monströs und brachial muten die Gesten der Kinder an und werden dennoch durch das zarte, naive Spiel entlarvt. Die Brutalität und absurde Realität von Gewalt, Dogma und Herrschaft zerschellt am Schauspiel der Unschuld. Als Besucher wird man im gleichen Spiel gefangen und zwischen Bewunderung und blanker Ablehung her getrieben.
Über den Künstler:
Tobias Madison, 1985 in Basel geboren, lebt in Zürich und Los Angeles. Er bewegt sich in allen Sparten der Kunst: in Video und Film, Fotografie, Objektkunst oder Performance und Theater. Seine künstlerische Praxis zeichnet sich besonders durch den Hang zur Kollaboration aus. Darüber hinaus tritt er auch als Kurator, Verleger, Cineast oder Autor auf. Das zentrale Thema seiner Arbeit findet sich in der Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche und bestimmt im Wesentlichen sein künstlerisches Schaffen.
Für die Ausstellung in der Kestnergesellschaft wird Madison in einer Installation, die sich durch das ganze Haus streckt und sich einerseits verspielt, andererseits aber auch die prekäre und teilweise gewaltige Natur von Pädagogik andeutet, hinterfragen, wie institutionalisierte Ideologie über Generationen vererbt wird.
Die Ausstellung kann noch bis zum 24. April 2016 besucht werden.