Unlängst berichtete der Spiegel in seinem Titelthema „Total vermessen – Wir werden gläserne Patienten – und hoffen auf ewige Gesundheit.“ (Der Spiegel, Heft 50/2015, Seite 11-18) von der wachsenden Gier nach Daten.
Nicht nur IT Konzerne und Pharmaunternehmen möchten am liebsten auf alle unsere Daten zugreifen. Auch Versicherungsunternehmen verlangen aus verschiedenen Gründen nach vielen privaten Informationen über unsere Gewohnheiten, unsere Interessen, Leidenschaften aber auch über unsere Erkrankungen und Sorgen.
Das Versprechen für den Kunden auf Seiten der Unternehmen scheint dabei plausibel: Bessere, maßgeschneiderte Angebote für jeden Einzelnen. Umso mehr der Anbieter eines Produktes, wie beispielsweise eine Versicherung, über den Endkunden weiß, umso besser kann diese auf dessen Bedürfnisse eingehen.
Doch was steckt dahinter?
Die neue Datentransparenz lohnt sich, vor allem finanziell. Beispielsweise im Gesundheitssektor: Hier werten Forscher und Konzerne Datenströme aus, um Muster herauszustellen, die Hinweise auf Krankheitsursachen oder auf die Wirksamkeit von Medikamenten geben. Beratungsfirmen wie McKinsey sprachen bereits vor zwei Jahren allein für das US-Gesundheitswesen von Einsparmöglichkeiten im Wert von 300 bis 450 Milliarden Dollar. Bei diesen enormen Summen wird die Interessenslage sofort klar.
Eben jene Veränderungen und Interessenslagen im Bereich der Datenwirtschaft rief nicht zuletzt den deutschen Ethikrat auf den Plan. Dieser hat die digitale Gesundheit zum Zukunftsthema erkoren.
Vorteile dieser Entwicklung sieht Christiane Woopen, Mitglied des Ethikrates, in dem möglichen medizinischen Fortschritt, der sich aus den Erkenntnissen der Daten erreichen lassen könnte. Menschen können dank neuer Erkenntnisse der Forschung so länger und gesünder leben.
Dennoch, kritisch bleibt nicht nur die stark materiell orientierte Intention der Unternehmen, die diese zur Datensammlung veranlasst. Insbesondere der Umgang mit hochsensiblen persönlichen Daten und deren Schutz vor Missbrauch bleibt fragwürdig.
So ist der Datenschutz bereits aktuell im Bereich der Versicherungsbranche oft ein heikles Thema. Beispielsweise bei der BU in der bAV. Hierzu berichteten wir bereits vor einigen Wochen und stellten fest: Der Arbeitgeber/der Konzern erhält im Kontext einer Berufsunfähigkeitsversicherung in der betrieblichen Altersvorsorge unter Umständen Daten von seinem Arbeitnehmer, die dem Arbeitnehmer zum Nachteil reichen können. Hierbei geht es zwar nicht um die Sammlung von Datensätzen zur weiteren Analyse, jedoch wird deutlich, dass der Missbrauch von Daten und die Schwierigkeiten im Bereich der Datenschutzgesetze bereits ausreichend vorliegen. Die NSA Affäre und die Diskussion um Datensicherheit innerhalb aber auch außerhalb der EU Grenzen müssen hier an dieser Stelle natürlich auch ihre kurze Erwähnung finden. Ganz davon abgesehen, dass im Zeitalter globaler digitaler Netzwerke nationale Grenzen und deren Gesetzgebungen immer weniger Schutz bieten vor Missbrauch von Daten.
Ist es also wünschenswert, den Konzernen mehr Daten, sogar alle persönlichen Daten, zur Verfügung zu stellen? Wer hat Zugang zu diesen Daten und wer nicht? Wie schützen wir unsere Informationen in einer globalisierten Datenwelt?
All diese Fragen sollten geklärt werden, bevor die ‚Datafizierung‘, wie sie von Frau Woopen bezeichnet wird, weiter voran schreitet. Dann kann vieles möglich sein. Die Forschung kann davon profitieren, Ärzte aber auch Unternehmen und vor allem wir, jeder Einzelne von uns, jeder kranke Mensch, jeder Patient der Hoffnung auf Heilung in sich trägt.