In unserer Reihe Fall der Woche berichten wir heute über das Thema Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung und deren Folgen für eine junge Mutter aus Niedersachsen.
Als Frau Maier* vor etwa einem Jahr wegen einer Knieverletzung zum Arzt ging, stellte sich schnell heraus, dass sie längerfristig nicht mehr ihrer Arbeit als Rechtsanwaltsfachangestellte nachgehen konnte. Die dreifache Mutter war erst einmal arbeitsunfähig.
Nach einer längeren Genesungsphase nahm sie dann zunächst erfolgreich an einer beruflichen Wiedereingliederungsmaßnahme teil.
Doch schon nach wenigen Tagen musste sie wegen anhaltenden Beschwerden erneut den Arzt aufsuchen.
Dieser stellte fest, die eigentliche Diagnose lautet Krebs. Die starken Beschwerden kamen weniger von ihrem Unfall als von einem bereits weit fortgeschrittenen Magenkrebs.
Frau Maier musste sich ab diesem Zeitpunkt dauerhaft Therapien unterziehen und war nicht mehr in der Lage, zu arbeiten. Sie beantragte Leistungen aus ihrer privaten BU.
Da ihr Vertrag noch keine zehn Jahr alt war, forderte die Versicherung zunächst alle medizinischen Unterlagen von Frau Maier an und stellte dann fest, dass eine so genannte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorlag.
Was Frau Maier bereits vergessen hatte, war, dass sie vor Jahren einmal auf Grund von Magenschmerzen behandelt wurde. Damals nahmen sie und ihr Arzt jedoch an, dass diese auf ein erhöhtes Stressaufkommen zurückzuführen waren und maßen der Sache keine weitere Bedeutung bei. Dies hatte Frau Maier daher bei Vertragsabschluss nicht angegeben.
Da die Behandlung wegen Magenschmerzen bei Vertragsabschluss verschwiegen bzw. vergessen wurde, hat der Versicherer das Recht, den Vertrag anzufechten und darüber hinaus die bereits gezahlten Beiträge einzubehalten.
Frau Maier, die immer noch schwer krank ist, erhält nicht nur keine Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung, sondern hat auch keinen gültigen Vertrag mehr. Ihr bleibt in diesem Fall lediglich der zeit- und kostenintensive Weg über ein Gerichtsverfahren. Hierbei wäre sie dann in der Beweisführungspflicht und müsste sowohl Richtern als auch Gutachtern glaubwürdig darlegen, weshalb sie diese Behandlung nicht ordnungsgemäß angegeben hatte.
Fälle wie die von Frau Maier sind keine Seltenheit.
So schreibt unlängst die AssCompact:
„Fast jeder zweite bis dritte Vertrag enthält versteckte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen. Dabei werden Aspekte als „versteckt“ bezeichnet, wenn noch kein Leistungsfall eingetreten ist, aber die Gefahr einer Leistungsablehnung besteht, falls sich innerhalb der ersten zehn Vertragsjahre ein Leistungsfall feststellen lassen sollte.“[1]
Die Gefahr, im Leistungsfall wie Frau Maier den Anspruch zu verlieren, ist hoch. Daher gilt es für Versicherungsnehmer, besonders sorgfältig mit ihren Angaben bei Vertragsabschluss zu sein und im Zweifel alle relevanten Unterlagen bzw. Diagnosen von Ärzten und Krankenkassen bereits im Vorfeld anzufordern.
*Name durch die Redaktion geändert
[1] AssCompact, 09|2015, S. 18