Wer unter schweren psychischen Erkrankungen leidet, hat es nicht leicht am Arbeitsmarkt. Dabei sind die eigene Arbeit und die daraus resultierende Integration in die Gesellschaft hilfreich für die Betroffenen und deren Genesungsprozess.
Kommentar von Michel Kaltenmark:
Fakt ist, vor allem Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie, bipolaren Störungen und schweren Sucht-oder Angststörungen haben oftmals wenig Chancen auf ein geregeltes Arbeitsleben. Zu den kognitiven Schwierigkeiten, die durch die Krankheit hervorgerufen werden, kommen weitere Hindernisse hinzu, die nicht selten durch die soziale Stigmatisierung psychischer Krankheiten gefördert werden.
Mit der Stigmatisierung psychisch kranker Menschen und der damit einhergehenden sozialen Distanz entsteht für viele Betroffenen ein Gefühl gesellschaftlicher Isolation. Genau diesem Thema widmete sich die unlängst in dem British Journal of Psychiatry veröffentlichte Studie der Universität Greifswald.
In der Langzeitstudie wurden vor allem Unterschiede in dem Umgang mit verschiedenen Krankheitsbildern festgestellt und abweichende Einstellungen im Umgang mit Patienten, bei den schwere Erkrankungen wie etwa Schizophrenie vorliegen, beobachtet. So schreibt das deutsche Ärzteblatt in Bezugnahme auf die Ergebnisse der Studie:
„Vor allem aber stieg das Bedürfnis nach sozialer Distanz deutlich: Während es 1990 20 Prozent ablehnten, mit einer an Schizophrenie erkrankten Person zusammenzuarbeiten, waren es 2011 schon 31 Prozent.“
Die gesammelten Daten stellen Ergebnisse einer auf mehrere Jahre hin wiederholten Befragung dar, die es ermöglicht, sie einer vergleichenden Analyse zu unterziehen. Der Leiter der Arbeitsgruppe Georg Schomerus berichtet über das Vorgehen: „Das Besondere ist, dass wir die Einstellungsentwicklungen zu psychisch Kranken seit 1990 sehr gut nachverfolgen können, weil wir Vergleichsdaten aus den Jahren 1990, 1993 und 2001 haben.“
Die Ergebnisse lassen dennoch viele Fragen offen, insbesondere da sie laut dem Berufsverband deutscher Psychiater im Widerspruch zu früheren Erkenntnissen stehen. Weitere Studien zu dieser Thematik werden in Zukunft mehr Klarheit bieten und neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf die Stigmatisierung psychisch Kranker hervorbringen.
Doch wie kann es aktiv im Alltag gelingen, den Betroffenen neue Perspektiven zu geben und sie langfristig zu reintegrieren?
Eine Lösung bietet die berufliche Neuorientierung. Betroffene können neue Perspektiven gewinnen, in dem sie ihre Erkrankung als Stärke begreifen. Dies gelingt beispielsweise dadurch, dass die Erfahrungen und Kenntnisse der eigenen Krankheit nutzbar gemacht und als Angebot für andere Betroffene formuliert werden. So gibt es Möglichkeiten in der Beratung und Sozialarbeit neue berufliche Wege zu suchen, die darüber hinaus durch die inhaltlichen Verknüpfungen zur eigenen Vita besonders sinnstiftend wirken können. Der Weg mit einer psychischen Krankheit in das Arbeitsleben erfordert nicht nur eigenes Engagement sondern auch die Bereitschaft einer Gesellschaft, Menschen zu intergrieren.